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Wie ich zum Kaffeerösten kam?


Kurz und knapp: ich wurde gefragt!


Aber erst mal der Reihe nach:

Es mag jetzt den ein oder anderen verwundern, aber ich bin nicht der große Kaffeetrinker! Also nicht, dass ich jetzt falsch verstanden werde, ich trinke gern die ein oder andere Tasse. Ich mag ja Kaffee, und allein durch meine Arbeit als Röster und die täglichen Verkostungen trinke ich viel, aber privat ist es vergleichsweise wenig. Und bevor ich überhaupt Kaffeeröster wurde, habe ich fast fünf Jahre gar keinen Kaffee getrunken. Warum? Ich habe ihn nicht mehr vertragen! Mein Magen hat sich irgendwann geweigert, ohne, dass ich Sodbrennen bekommen habe, Kaffee zu verarbeiten. Nach nur einer Tasse fühlte er sich an, als hätte er mit einer Carolina Reaper (die zur Zeit schärfste Chili der Welt, mit stolzen 2,2 Millionen Scoville) zu kämpfen. Alles in allem nicht gerade Genuss erweckend. Darum habe ich dann aufgehört Kaffee zu trinken.

Davor habe ich allerdings viel Kaffee getrunken, um nicht zu sagen sehr viel. Zu der Zeit habe ich ein Praktikum als Schlosser gemacht und ohne 4 Becher der braunen Brühe ging gar nichts morgens. Wohl für jeden nachvollziehbar, wenn man um 6 Uhr morgens anfangen muss zu arbeiten, aber der Körper einem signalisiert, dass er eigentlich noch so zwei, drei Stunden Schlaf gebrauchen könnte. Aber irgendwann wurde mir regelrecht schlecht davon und meine Ärztin riet mir, auf Kaffee zu verzichten. Die Säure im Kaffee schade meinem Magen. Super! Umsteigen auf grünen Tee war also angesagt, der ist verträglicher.

Das wirklich Dumme daran ist allerdings, dass mir kurz vor dem Verzicht die Lösung meines Problems auf einem Silbertablett serviert wurde. Ein kolumbianischer Kaffee aus einer kleinen Rösterei in Hamburg, den mir meine Großcousine geschenkt hatte. Das war mit Abstand der beste Kaffee, den ich zu diesem Zeitpunkt getrunken hatte! Er schmeckte vollkommen anders als alles was ich vorher kannte. Der Geschmack war mit nichts zu vergleichen. Und heute weiß ich auch, dass ich diesen Kaffee problemlos hätte weiter trinken können. Aber es sollte leider fünf Jahre bis zu dieser Erkenntnis dauern. Als ich dann ende 2015, noch als Nebenjob, im Kaffeemuseum der Rösterei Burg in Hamburg angefangen habe, hielt sich mein Wissen über das schwarze Gold noch sehr in Grenzen. Und die Tatsache, dass ich zu dieser Zeit kein Kaffee trank, blieb selbstverständlich auch nicht unbemerkt. Aber man muss kein Alkoholiker sein um Bier zu verkaufen. Ich lernte also fleißig alles Mögliche und Unmögliche über Kaffee, leider ohne ihn probieren zu können. Das ließ der dortigen Kaffeeröster, Erik Brockholz, aber nicht auf sich sitzen. Vermutlich packte ihn seine „Rösterehre“ und er wollte mich unbedingt davon überzeugen, dass ich sehr wohl Kaffee trinken kann. Er präsentierte mir beinahe jeden Tag eine neu gefüllte Tasse, die ich probieren sollte. Und zu meinem Erstaunen vertrug ich diese Kaffees auch alle, ohne nennenswerte Probleme. Aber warum? Etwas später stellte sich heraus, dass Erik mich testen wollte. Ich sollte quasi selbst die Lösung finden. Ja, die Säure im Kaffee macht ihn für einige Menschen leider ungenießbar, aber warum vertrug ich jeden Kaffee von Erik? Es ist eben kein industriell hergestellter Kaffee.

Jetzt kommen wir zu der oben genannten Lösung meines Problems:

Kleinere Kaffeeröstereien, rösten ihren Kaffee meist auf eine vollkommen andere Art als die Industrie. Sie rösten nach traditioneller Art, die sogenannte schonende Trommelröstung. Und schonend ist hier das Stichwort! Ich bin kein Chemiker aber vereinfacht gesagt bauen sich die Säuren im Kaffee bei längerer Röstdauer kontinuierlich ab und der Kaffee wird so „magenfreundlicher“. Der größte Unterschied zwischen der industriellen und der traditionellen Röstung ist nämlich die Zeit.

Im Grunde sind es zwei verschiedene Verfahren: schnell bei hohen (industriell) und lange bei niedrigeren Temperaturen (traditionell).

[Im Vergleich: die traditionelle Röstung liegt bei durchschnittlich 200 °C und dauert 12-20 min. Die industrielle Röstung hingegen, liegt bei 400-800 °C und 90 sec. bis 5 min.]

Da der kolumbianische Kaffee aus einer kleinen Rösterei stammte (ich weiß leider nicht mehr welche) war dieser magenfreundlich, nur habe ich es zu diesem Zeitpunkt schlichtweg nicht gemerkt, geschweige denn gewusst.

Und jetzt konnte ich mein Glück kaum fassen, ich konnte endlich wieder Kaffee trinken ohne Sodbrennen oder sonstige Probleme. Meine Begeisterung für Kaffee war von diesem Moment an nicht zu bremsen, jetzt wollte ich ALLES wissen. Mein Kaffeekonsum hält sich zwar in Grenzen, aber jetzt achte ich mehr darauf was ich da eigentlich trinke. Ich löcherte Erik mit Fragen rund um Kaffees, Anbaugebiete, Zubereitungsarten und das Rösten. Das schien ihn irgendwie zu beeindrucken und bald darauf fragte er mich, ob ich mir vorstellen könne, das Ganze zu lernen? Tja und was soll ich sagen, ich hatte irgendwie Blut geleckt und nach relativ kurzer Bedenkzeit habe ich dann Ja gesagt. Also wurde aus einem Nebenjob ein Fulltimejob und ich wurde der Lehrling von Erik. Die Grundlagen des Röstens hatte ich schnell verstanden, aber es sollte dann doch fast ein Jahr dauern bis zu meiner wirklich ersten eigenen Röstung. Und das hieß, Erik war nicht mal im selben Gebäude. Ich hatte vorher schon selbständig geröstet, aber Erik war zumindest für einen Notfall in greifbarer Nähe. Nicht das ich jetzt Notfälle provoziere, aber es war schon irgendwie aufregend. Jetzt nach zwei Jahren arbeiten wir eher als Team und nicht mehr als Lehrling und Meister zusammen. Und trotzdem lerne ich fast jeden Tag etwas neues. Manchmal denke ich die eigentliche Ausbildung fängt gerade erst an...und ich freue mich drauf!

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